EMPFEHLUNGEN ZUM ERSTBEGEHEN UND SANIEREN

Wurde durch Bohrhaken ermöglicht: Wendenstöcke, Reissend Nollen
Wurde durch Bohrhaken ermöglicht: Wendenstöcke, Reissend Nollen

Erschliessen von Mehrseillängen-Sportkletterrouten 
Es ist eigentlich paradox: Einerseits verliert jede Kletterlinie durch ihre Erschliessung etwas, andererseits werden viele schöne Linien erst durch eine Erschliessung kletterbar. Bohrhaken-freie Routen haben in gewissen Gebieten, z. B. in Gritstone (England) oder teilweise auch in den Dolomiten (Italien) eine lange Tradition und das Setzen eines Bohrhakens wäre dort ein Frevel. In manchen Gebieten aber machen Bohrhaken durchaus Sinn. So wurde beispielsweise das Kletterparadies Wendenstöcke erst durch Bohrhaken ermöglicht. 


Bei der Erschliessung einer neuen Linie sollte also darauf geachtet werden, möglichst wenig Schaden anzurichten. Hier sind einige Punkte, die dabei helfen können: 

  • Den nächsten Bohrhaken nicht mit Hilfe des letzten Bohrhakens setzen. Mit A0 einbohren «bezwingt» man jede Linie, aber man raubt ihr gleichzeitig jeden Reiz. Wenn eine Passage zu schwer ist, sollte man die Grösse haben, die Linie einem stärkeren Kletterer zu überlassen.
  • Alpine Sportklettertouren sollten von unten erschlossen werden.
  • Auf hohe handwerkliche Qualität achten. Nur Bohrhaken von guter Qualität in kompakten, nicht hohl tönenden Fels setzen. Das Loch für einen Bohrhaken überlebt möglicherweise mehrere 1000 Jahre. Daher soll man sich sehr gut überlegen, wo genau man im limitierten Gut Fels, von dem es immer weniger zur Verfügung hat, einen Bohrhaken setzt.
  • Wo man solide mobile Sicherungen anbringen kann, sollte man auf Bohrhaken verzichten. Jeder Bohrhaken neben einem soliden Placement, z. B. einem schönen Riss, wertet eine Linie ab.
  • Man darf sich zum Setzen eines Bohrhakens beliebig mit mobilen Sicherungen,
    z. B. Cliffs, fixieren. Aber das Fixieren zum Ausruhen ohne Anbringen eines Sicherungspunktes ist unfair gegenüber dem Wiederholer.
  • Eine unvollendete Linie sollte nach zwei bis drei Jahren ohne Aktivität freigegeben werden.

 
Ein paar Tipps für bessere Qualität 

  • In gefährlichem Sturzgelände bei nicht ganz kompaktem Fels keine weiten Run-Outs einbohren, auch wenn die Kletterei nicht so schwierig ist.
  • Darauf achten, dass Karabiner nicht über Kanten laufen und brechen können. Allenfalls so bohren, dass die Schlinge über die Kante läuft.
  • Stände an möglichst bequemen, vor Steinschlag geschützten Orten einrichten, auch wenn man dadurch ein paar Meter der letzten Seillänge verschenkt.
  • Bohrhaken so setzen, dass sie auch von kleiner gewachsenen Kletterern sicher eingehängt werden können.
  • Bohrhaken an sichtbaren Orten anbringen, damit man als Wiederholer den Weg sieht.
  • Bohrhaken so anbringen, dass möglichst kein Seilzug entsteht.
  • Keine Sanduhren einbohren und existierende Sanduhren möglichst zurückhaltend als permanente Sicherungspunkte einrichten.
  • Nach dem Stand nicht zu weit ausgehen, sondern bald mal einen Bohrhaken setzen; am besten etwas versetzt zum Stand. Hingegen in «gutem» Sturzgelände möglichst sparsam mit Bohrhaken umgehen.
  • Wenn irgendwie möglich, keine bestehenden Routen kreuzen oder berühren. Die Eigenständigkeit anderer Routen nicht verletzen durch zu nahe angelegte Linienführung.
  • Topos öffentlich machen. Das hilft anderen Erstbegehern zu sehen, dass da schon eine Linie existiert.
  • Einstiege von Projekten anschreiben, z. B. mit einem PET-Flaschenstück und wasserfestem Schreiber.

 
Sanieren von Mehrseillängen-Sportkletterrouten 
Beim Sanieren muss man sich vorgängig gut überlegen, ob der ursprüngliche Charakter einer Route abgeändert werden soll. Leider passiert es immer wieder, dass Klassiker vorschnell, gedankenlos und ohne Erlaubnis des Erstbegehers zugenagelt werden. Der Plaisir-Standard ist aber oft nicht der passende Stil für das Sanieren von Klassikern. Als Grundregel wird vorgeschlagen: Die Anzahl Haken pro Seillänge bleibt gleich. Selbstverständlich soll das alte Material entfernt und ins Tal gebracht werden.